Yogatherapie und die 5 Koshas – Anamaya Kosha (1/5)
Was sind die Koshas?
Die Koshas sind das yogisch-ganzheitliche Modell des Menschen. Sie beschreiben das Wesen des Menschen umfassender und vollständiger, als jedes andere mir bekannte Modell. Und sie liefern die Basis für die Arbeit der Yogatherapie.
Mit den 5 Koshas als Leitfaden lassen sich Lebensphasen und Befindlichkeiten betrachten, und akute oder chronische Krankheitsbilder erforschen. Auf dieser Basis lässt sich ganz klar und einfach der Weg oder das Instrumentarium entwickeln, welches hilft die persönliche Lage umfassend auf allen 5 Ebenen zu verbessern. Die Koshas bieten den Rahmen für eine persönliche und individuelle Landkarte des eigenen Lebens und den Wegweiser für Transformation und Verbesserung.
Dies ist der erste Teil einer Folge von insgesamt 5 Artikeln, die sich mit den 5 Ebenen (Koshas) des Menschen beschäftigen.
1. Physische Ebene – Anamaya Kosha
Die erste Ebene befasst sich mit der Befindlichkeit der physischen Dimension des Menschen. Hier kann eine gewisse Ähnlichkeit zur schulmedizinischen Anamnese entstehen, allerdings oft mit deutlich anderen Schwerpunkten. Diese werden in den nachstehend erläutert Zusammhängen deutlich.
Was hält uns gesund?
Auf der physischen Ebene erleben wir den Zustand unseres Körpers. Um ihn gesund und flexibel zu erhalten benötigen wir Bewegung, frische Luft, Licht, Sonne und gute Ernährung. Da sich sehr viele Menschen heutzutage auf eine völlig unnatürliche Weise (un-)bewegen und ernähren, ist die Zahl der Krankheiten, die von unangemessener oder ungesunder Ernährung mit Bewegungsmangel stark gefördert werden deutlich zunehmend. Durch den Mangel an natürlichen Reizen wie Wind, Sonne, Wärme und Kälte, denen wir uns automatisch aussetzen wenn wir uns draussen aufhalten, erlahmen Immunsystem und Stoffwechsel. Die Folge sind verschiedene Erkrankungen die mit Stoffwechselentgleisungen und Immunsystemirritationen einher gehen.
Welche Rolle spielen gesellschaftliche Einflüsse?
Dazu gehören u.a. die Krankheits-Renner Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes, Allergien und Krebs. Ein grosses Problem ist, das sich unsere westliche Gesellschaft in einer Art und Weise mit Ernährung und Komfort als Glückslieferanten identifiziert, das es für die meisten Menschen sehr schwer ist für sich selbst einen anderen Weg zu gehen. Sie befürchten sich von ihrem Familien- und Freundeskreis zu isolieren. Dadurch wird das Problem noch wesentlich verschärft.
Welchen Beiträg liefert die Ernährung?
Wie auch immer – ein zentraler Beitrag zu physischer Stabilität und Gesundheit ist neben Bewegung und natürlichen Klima-Reizen unsere Ernährung, weshalb ich als nächstes einiges über wichtige Aspekte ganzheitlicher Ernährung sagen möchte.
Wenn man eine Banane isst, sie sehr gründlich kaut und daher lange im Mund behält, werden über die Mundschleimhaut Informationen aufgenommen und an den Stoffwechsel weitergegeben. Der Magen stellt dann beispielsweise die benötigten Verdauungssäfte zur Verfügung, auch der Darm macht sich bereit die Banane zu verdauen. Wird das Essen schnell hinunter geschlungen und verbleibt nur wenige Sekunden im Mund, kann diese Anpassung nicht geschehen. Diese Anpassung geht über das Bereitstellen von Sekreten beim Einspeicheln der Nahrung hinaus. Natürlich ist das Kauen sehr wichtig, aber es gibt darüber hinaus gehende Informationen an den Stoffwechsel, die für den Körper eine große Rolle spielen.
Welche Ernährungslehre ist sinnvoll?
In dem Buch „Yoga der Ernährung“ von Omraam Mikhael Aivanhov, dem Gründer einer spirituellen Bruderschaft, wird detailliert erklärt und beschrieben, wie man essen sollte. Essen wird beschrieben als eine Form der Meditation, als ein sehr bewusster Prozess, bei dem das Kauen eine sehr wichtige Rolle spielt. Man sollte so konzentriert essen, dass man nicht mit dem Besteck oder dem Geschirr klappert. Man redet nicht, steht nicht auf, läuft nicht umher. Jeder Bissen sollte gründlich, achtsam und bewusst gekaut werden. Die Nahrung wird durch diese Art der Aufnahme auf eine höhere Dimension gehoben und kann eine ganz andere Wirkung im Körper entfalten. Schnell etwas nebenher essen sollte man unterlassen. Wenn man etwas zu sich nimmt, dann sollte man das immer in vollem Bewusstsein und konzentriert tun, und sei es auch nur ein Stückchen Schokolade. Darüber hinaus empfiehlt er, was den Yogis auch gut bekannt ist, nicht zu große Portionen und nicht zu viele unterschiedliche Dinge durcheinander zu essen.
Ernährungsempfehlungen von Jesus gibts auch?
Diese Empfehlung geht auch auf Jesus zurück. In den apokryphen Schriften heißt es, man soll zweimal am Tag essen, einmal, wenn die Sonne am höchsten steht und das andere Mal, wenn sie untergeht. Man soll nicht mehr als ein bis zwei Nina (1 Nina = 500 g) pro Tag zu sich nehmen. Die Nahrung sollte aus der Umgebung kommen, der Jahreszeit entsprechend, und man sollte nicht mehr als zwei bis drei verschiedene Komponenten auf dem Teller haben. Heutzutage ist es schwieriger geworden, dieses Gebot zu befolgen, da es leicht ist, Nahrung aus aller Welt zu kaufen, zu jeder Jahreszeit. Jesus hat beschrieben, warum Trauben zur Zeit der Traubenreife, Getreide zur Zeit der Getreideernte besonders gut für den Körper sind. Und Jesus empfiehlt nicht mehr als zwei bis drei Dinge auf dem Teller zu haben. Karotten mit Salz und Olivenöl sind eine vollständige Mahlzeit, die meditativ und in Ruhe gegessen werden sollten. Die Nahrung sollte möglichst nicht weiter aufbereitet sein. Falls es erforderlich für die Verdauung ist, sollte sie natürlich entsprechend zubereitet werden. Kartoffeln z. B. sind roh verzehrt nicht jedermanns Sache.(vgl. Friedensevangelium der Essener)
Wie behält man bei so vielen verschiedenen Empfehlungen den Überlick?
Natürlich gibt es sehr viele unterschiedliche Theorien über die richtige Ernährung und viele verschiedene Diäten, die man ausprobieren könnte. Das Hauptprinzip, das es immer zu beachten gilt, besteht jedoch darin, Ruhe in die Verdauung zu bringen. Die Verdauung verbraucht 70% unserer Energie. Das heißt, je mehr Verdauungsarbeit unser Körper leisten muss, desto mehr Energie entziehen wir ihm für andere Zwecke. Man sollte deshalb genau überlegen, was, wann und wie viel man isst.
Wie gut ist Rohkosternährung für mich?
Es gibt zB die Rohkostfrage. Dazu wie gross der optimale Anteil an Rohkost in unserer Nahrung sein soll gibt es keine pauschale Antwort. Das hängt vom einzelnen ab. Es gibt Leute, die Rohkost sehr gut verdauen können und sich wohl dabei fühlen. Voraussetzung ist gründliches Kauen. Rohe Kost ist die ursprüngliche Nahrung des Menschen, aber wir haben alle eine degenerierte Verdauung. Sie ist geschwächt durch nicht natürliche Kost mit künstlichen Zusätzen und durch falsche Essgewohnheiten. Da wir daran gewöhnt sind, den ganzen Tag über immer wieder Kleinigkeiten zu essen, gewähren wir unserem Körper keine Verdauungspause mehr. Eine solchermaßen geschwächte Verdauung hat keine Kraft mehr, um Rohkost zu verarbeiten. Dafür muss sie erst wieder aufgebaut werden. Es mag Leute mit einer schwachen Verdauung geben, die diesen Zustand nicht erreichen, bei den meisten ist es aber möglich. Mit diesem Weg beschäftigt sich Müller-Burzler in seinem Buch „Die Methusalem-Ernährung“. Er beschreibt, wie man über Schonung und geschickte Zusammenstellung der Nahrung seine Verdauungskraft so stärken kann, dass man schließlich Rohkost ohne unangenehme Nebeneffekte verträgt. Das Hauptaugenmerk seines Buches liegt auf der gezielten Reinigung des Körpers und dem Aufbau der Verdauungskraft.
Wird Ernährung nicht ein bisschen arg wichtig genommen?
Unsere Verdauung ist wie unsere Wurzel. Wir wissen über Bäume, dass sie in schlechter Erde oder mit einer beschädigten Wurzel nicht gesund sind. Dieses Wissen wenden wir bei uns selbst nicht an. Der Bereich von unserem Mund bis zum Anus kann mit einer Wurzel verglichen werden, die die Nahrung gut aufschlüsseln kann in Nährstoffe und Abfallstoffe. Leider liegt dieses System bei manchen Menschen so danieder, dass sie mangelernährt sind, obwohl sie gesunde Kost zu sich nehmen.
In vielen Gesundheitssystemen spielen aus diesem Grund die Ernährung und die Art der Nahrungsaufnahme (gründliches Kauen etc.) eine große Rolle. Wenn man beide Aspekte beachtet, kann man viel erreichen und sicher stellen, dass der Körper genügend Energie bekommt und gekräftigt wird. In Kombination mit bestimmten Reinigungsmethoden, z. B. Kräutertees trinken, fasten etc. zur Entschlackung des Körpers, kann dieser Prozess beschleunigt werden.
Müller-Burzler empfiehlt in seinem Buch „Die Methusalem-Ernährung“ ein mehrstufiges Zurückkehren zu einer gesunden Ernährung unter Beachtung individueller Entwicklungen, das wegführt von schwerverdaulichen Speisen aus der bürgerlichen Kost, wie Fleisch, Fettiges, scharfe Gewürze, und hinführt zu einer gesunden Verdauung. Dieser Prozess dauert zwei bis drei Jahre. Er vergleicht auch andere Ernährungslehren miteinander, die von seiner abweichen, und gibt so einen guten Überblick.
Und was ist mit Fasten?
Welche Form des Fastens die richtige ist, das hängt von der persönlichen Konstitution und der Art des Fastens ab. Man kann als Vata fasten, aber nicht in der Form von Nichtessen. Lediglich, wenn man krank ist und appetitlos, macht es Sinn, nichts zu essen. Es gibt viele Formen des Fastens. Als Vata kann man probieren, nur eine Form von Volllkorngetreide zu essen. Nach Hildegard von Bingen, die auch eine sehr ausgeprägte Ernährungslehre entwickelt hat, ist Dinkel dafür als optimales Getreide zu empfehlen. Die Makrobioten empfehlen Vollwertreis. Geht man allerdings von makrobiotischen Gesichtspunkten aus, ist Dinkel die bessere Wahl, da er bei uns wächst und besser in unser lokales Energiesystem eingeschwungen ist. Man ernährt sich dann einige Tage von gekochtem Dinkel und wird starke Reinigungsprozesse an sich feststellen. Müller-Burzler beschreibt, dass diese Art von Fasten das Immunsystem sehr stark werden lässt und die Ausscheidungsprozesse anregt. Vermutlich liegt das daran, dass sich die verschiedenen Abschnitte im Darm nicht mit einer Vielzahl von Nahrungsbestandteilen auseinandersetzen müssen, die aus unterschiedlichsten Mahlzeiten stammen. Nach Müller-Burzler sind die Verdauungskraft und die Immunkraft bei einer Monodiät am stärksten. Allerdings darf diese Diät nicht über einen längeren Zeitraum durchgeführt werden, um Mangelerscheinungen vorzubeugen.
Was ist noch wichtig?
Grundlegende Prinzipien einer gesunden Lebensweise sind:
- Tägliche Bewegung die den Körper wohlig durchwärmt und kräftigt
- Gesunde Ernährung die Körper und Seele nährt
- Tiefer und ruhiger Schlaf von mindestens 7 Stunden pro Nacht
Wer diese Schritte in seinem Leben berücksichtigt, hat schon mal gute Voraussetzungen. Hier gibts weitergehende Empfehlungen sehr allgemeiner Art, die helfen eine optimale Grundkonstitution zu erlenagen: Vom Reichtum des einfachen Lebens